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Der Aufbau des Pilzgewächses und die Vermehrung der Pilze
Die bereits erwähnten Pilzfäden (Hyphen), die sich unterirdisch als Myzel, ob in der Erde, im Holz oder welchem Substrat auch immer verbreiten; diese Hyphen bilden den eigentlichen Pilz, das eigentliche Gewächs.
Das, was wir Menschen landläufig als Pilz bezeichnen, ist nur der Fruchtkörper, das Vermehrungsorgan des Pilzgewächses, so wie dies der Apfel am Apfelbaum oder die Himbeere an ihrem Strauch ist, und dient somit aus Sicht der Pilze nicht unserer Ernährung und unserem Genuß, sondern einzig und allein der Erzeugung der für die Fortpflanzung notwendigen neuen Sporen.
Diese Fruchtkörperbildung ist äußerst kompliziert und erfolgt nur, wenn die Boden-, Nahrungs- und auch die Wetterbedingungen 100%ig aufeinander abgestimmt sind.
Ist dies der Fall, beginnt das Pilzgewächs an bestimmten Stellen der Peripherie seines meist kreisförmig ausgebreiteten Pilzgeflechtes (von Pilzstrauch oder Körper können wir bei diesem Gewirr miteinander verwobener Fäden nicht sprechen) die Pilzfäden so miteinander und untereinander zu verbinden, dass sich kleine Knötchen, sogenannte "Primordien", als Vorstufe der sich daraus entwickelnden Pilzfruchtkörper bilden.
Diese Vorstufe der Fruchtkörperbildung kann Tage, Wochen, Monate, sogar Jahre andauern, bevor durch erneutes Zusammenspiel der notwendigen Faktoren ein äußeres Klima entsteht, in dem der Pilz sich wohl fühlt. Ist dies der Fall, lässt das Pilzgewächs aus den Primordien die für seine Vermehrung und Verjüngung notwendigen Fruchtkörper wachsen, in deren Innern es dann durch die schon angesprochene Kernverschmelzung mit anschließender sofortiger Kernteilung zur Sporenbildung kommt.
Es ist für uns kaum vorstellbar, dass diese winzig feinen Fädchen von nur einem µ (tausendstel mm) Größe in der Lage sind, durch entsprechendes Verspinnen der Hyphen-Fäden ein so gewaltiges Gebilde wie einen Steinpilz, einen Parasolpilz oder eine Krause Glucke hervorzubringen. Jeder Champignon, Pfifferling, alle sonstigen Pilzfruchtkörper, denen wir der fröhlichen Esslust wegen hinterherjagen, sind aus solchen Primordien entstanden, auch die großen und holzig-harten Pilzgebilde, die an den Baumstämmen wachsen und so auffällig sind, dass sie bestimmt schon jeder einmal gesehen hat.
- Birkenporling -
- Piptoporus betulinus -
- Norwegisch: Knivkjuke -
- ungenießbar -
© 2001 by Rainer Brela, Hamburg
Die Reifung der Sporen geschieht auf zwei Arten. Sind die Sporen auf Ständern, sogenannten Basidien - jede Basidie trägt im Schnitt zwei bis vier Sporen - herangereift, sprechen wir von Ständerpilzen oder Basidiomycetes.
Hierzu zählen fast alle Pilze mit "Hut und Stiel", z. B. alle Röhrlinge, Täublinge, Milchlinge, aber auch die meisten Bauchpilze wie die Stinkmorchel, die Boviste und Stäublinge.
Nachstehend den Tintenfischpilz und Ohrlöffelstacheling, als Beispiel für einen Ständerpilz oder Basidiomyceten:

- Ohrlöffelstacheling (auf
liegenden oft vergrabenenKiefernzapfen) -
- Auriscalpium vulgare -
- Norwegisch: Konglepiggsopp
- kein Speisepilz
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- Tintenfischpilz (in Laub- und Nadelwälder) -
- Clathrus archeri -,
- Norwegisch: Blekksprutsopp -
- kein Speisepilz -
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Sind die Sporen in Schläuchen, sogenannten "Asci", herangereift, die im Schnitt zwischen acht und sechzehn Sporen enthalten, sprechen wir von Schlauchpilzen oder "Ascomycetes". Hierzu zählen beispielsweise alle becherförmigen Pilzgebilde, alle Morchel- und Lorchelpilze - und auch die berühmte Trüffel.
Nachstehend den Anemonenbecherling und Kastanienbrauner Becherling, als Beispiel für einen Schlauchpilz oder Ascomyceten:

- Anemonenbecherling -
- Dumontinia tuberosa, synonym. Slerotinia tuberosa -
- Norwegisch: Symrebeger -
- kein Speisepilz -
- Vorkommen: Auf Buschwindröschenwurzeln, Anemone nemorosa, norw. symre oder hvitveis -

- Kastanienbrauner Becherling -
- Peziza Badia -
- Norwegisch: Brunbegersopp -
- kein Speisepilz -
- Vorkommen: An Wegrändern, in Gräben und auch in Reifenspuren -
Während die Ständerpilze mit den Täublingen, Röhrlingen, Ritterlingen und den vielen anderen Gattungen stark bei den Speisepilzen vertreten sind, spielen diese bei den Schlauchpilzen eine deutlich untergeordnete, eher unwichtige Rolle und sind eigentlich nur mit einigen wenigen Becherlingen und dazu noch mit den Morcheln und den unterirdisch wachsenden Trüffeln, hier allerdings auf das Feinste und Begehrteste, vertreten.
Damit haben wir jetzt aber bereits zwei ganz wichtige Unterscheidungsmerkmale bei der Pilzbestimmung herausgearbeitet, auch wenn wir diese Feststellungen ohne Mikroskop und mit bloßem Auge nicht treffen können. Die Kenntnis über die Pilzfamilien, die entweder zu den Ständerpilzen oder zu den Schlauchpilzen gehören, wollen wir hier im Laufe der Zeit noch vermitteln, und dies erleichtert dann die Einordnung der Pilzfunde draußen in Wald und Flur schon deutlich.
Ist der Reifezustand erreicht, erfolgt die Weiterverbreitung, indem durch Abschnürung die Verbindung zur Basidie unterbrochen wird. Die Sporen fallen zu Boden bzw. werden vom Wind davongetragen.
Bei den Asci entsteht im Innern der Schläuche ein Überdruck, der die Sporen aus ihren Reifungskammern/Schläuchen herausschleudert, und der Pilzfruchtkörper hat damit seine Aufgabe erfüllt.
Die Pilzsporen beginnen, wenn sie auf guten, fruchtbaren Boden gefallen sind, auszutreiben, und es wächst aus der Spore eine neue Hyphe, ein neuer Pilzfaden, während die Spore jetzt gleichzeitig den vorläufigen Nahrungsproviant für den jungen Pilzfaden darstellt. Treffen sich mehrere Pilzfäden, verbinden sie sich miteinander und bilden ein neues Hyphensystem, ein neues Pilzgewächs. Oftmals kommt es auch vor, dass solche Junghyphen auf das Geflecht eines älteren, lange vorhandenen Pilzgewächses stößt und sich mit diesem vereint. Hier tragen diese Junghyphen dann zur oben bereits erwähnten Verjüngung der alten Pilzpflanze bei.
Dass dies alles nicht so einfach funktioniert, wie eben dargestellt, ist eine Tatsache, die wir nicht verschweigen wollen; die in Wirklichkeit wesentlich komplexeren Zusammenhänge aufzuzeigen, würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Das dargestellte Grundprinzip soll dennoch als erster Einblick in die Lebensweise der Pilze genügen.
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